Das Bienenvolk


Die "Bienensprache"

Um einen Organismus wie ein Bienenvolk am Leben zu halten, bedarf es einer Menge lebenswichtiger Dinge: Nahrung muß herbeigeschafft, gelagert und verfüttert werden, die Brut muß versorgt und die Königin umhegt werden, ein Wachdienst ist vonnöten, Gesundheitsvorsorge muß getroffen werden. Über diese Aufgaben müssen sich die Bienen verständigen, es muß also eine Kommunikation stattfinden, an der alle Bewohner des Stocks teilhaben können. Dazu muß man sich klarmachen, daß es auf den Waben stockfinster ist. Und wenn man sich vorstellt, daß einem einzigen Volk insgesamt fünf Quadratmeter Wabenfläche zur Verfügung stehen, wird klar, daß es auch mit bloßem "Zurufen" nicht getan ist. Die Bienen haben aber in der Tat ein perfektes System der Kommunikation gefunden, an dem alle Sinne, der gesamte Bienenkörper, ja sogar die Architektur des Bienenstocks beteiligt sind.

Wo sich eine ergiebige Futterquelle befindet, teilen die Bienen ihren Kolleginnen im Stock per Tanzsprache mit -  eine im gesamten Tierreich einmalige Nachrichtentechnik. So raffiniert, daß eine Kundschafterin ihren Kolleginnen im Bienenstock den Standort einer ergiebigen Futterquelle - in der Fachsprache "Tracht" genannt - in Richtung und Entfernung genau mitteilen kann. Meist wird im dunklen Bienenstock getanzt. Die Biene schwänzelt in einem bestimmten Winkel (z.B. 30° rechts) zur Senkrechten. Aus der Intensität der Schwänzelbewegungen können die andern Bienen zusätzlich die Entfernung zur Futterquelle entnehmen.

Es gibt zwei Grundformen der Tanzsprache:

Beim Tanzen halten die "Zuschauerinnen" möglichst engen Körperkontakt und prägen sich so - mangels optischer Eindrücke - die Tanzrichtung genau ein. Außerdem richten sie sich nach den Geräuschen, die die Tänzerin durch heftiges Flügelschlagen und durch das Gehopse beim Schwänzeln erzeugt und nach den Luftströmungen, die sie dabei verursacht.


Der Tanzboden

Im jedem Bienenstock gibt es einen festen, etwa 100 cm3 großen Tanzboden in der Nähe des Eingangs. Er besteht aus völlig leeren Zellen, damit er auch ordentlich vibrieren kann, wenn eine Tänzerin zugange ist. Diese Vibration ist nämlich ein wichtiges Kommunikationsmittel, das bis in die hintersten Wabenregionen verstanden wird. Die Tänzerin rüttelt beim Schwänzeln mit ihren Beinen kräftig an den dicken Zellenrändern, und die Vibrationen breiten sich im ganzen Stock aus. Über diese "Fernleitung" werden dann auch die Kolleginnen in der hintersten Ecke informiert. Allerdings gibt es dabei ein kleines Kommunikationshemmnis, den Imker nämlich. Er setzt Waben in den Stock, die an den Rändern fest von einem stabilen Holzrahmen umgeben sind, was die Vibration natürlich erschwert. Für die Bienen ist dies jedoch nur ein kleineres Problem. Sie nagen einfach an verschiedenen Stellen Löcher in den Wabenrand und schon schwingt es wieder.

 


Der Rundtanz

Schwänzeltanz

Der Rundtanz bedeutet, daß die gefundene Trachtquelle in der Nähe, rund um den Bienenstock (bis zu 100 m Umkreis in ebener Lage), zu finden ist. 

Die mittanzenden Bienen nehmen mit ihren Fühlern den spezifischen Duft der gefundenen Blütenart auf, der im Haarkleid der Tänzerin haftet. 

Je nach Ergiebigkeit der Trachttquelle wird länger oder kürzer getanzt.


Der Schwänzeltanz

Schwänzeltanz

Der Schwänzeltanz zeigt eine Trachtquelle an, die über 100 m entfernt ist. Die Tanzrichtung gibt den Winkel zwischen den Geraden "Bienenstand-Sonne" und "Bienenstand - Trachtpflanze" an. 

Mit der fortschreitenden Änderung des Sonnenstandes ändert sich dieser Winkel und damit auch die Tanzrichtung. Die Anzahl der Tanzwendungen (rechts-links, links-rechts) in einer bestimmten Zeiteinheit gibt die Entfernung der Trachtpflanze an. 

Bei weit entfernter Trachtquellen ist der Tanzrhythmus langsamer.

Im Bienen haben's im Blut - Tanztalent genetisch

Nicht jede Honigbiene hat das gleiche Tanztalent. Die Tanzsprach-Kenntnisse, die zur Verständigung mit ihren Artgenossen dienen, werden durch Vererbung vorherbestimmt, wie Bochumer Biologen herausgefunden haben.

Daher ist nicht jede Arbeiterin gleichermaßen in der Lage, Nestgenossinnen per so genanntem Schwänzeltanz zu neuen Futterquellen zu lenken. Die Studie stellt das Magazin der Bochumer Ruhr-Universität "Rubin" (1/2004) in seiner neuesten Ausgabe vor. Verhaltensbeobachtungen und genetische Untersuchungen haben demnach gezeigt, dass das Tanztalent mit dem Erbgut weitergegeben wird. Da die Königin sich mit verschiedenen Männchen paart, besteht ein Bienenstock aus Geschwistern und Halbgeschwistern.


Der Sonnenkompaß

Im Freien orientieren sich die Bienen nach dem sogenannten "Sonnenkompass". Die ausfliegende Biene merkt sich die Stellung der Sonne zur ihrer Abflugrichtung. Während sie unterwegs ist, bezieht sie mit Hilfe ihres ausgeprägten Zeitsinnes auch die scheinbare Sonnenwanderung mit ein. Sie weiß immer, wo die Sonne zu welcher Tageszeit stehen muß ! So kann sie auch noch nach Stunden mit Hilfe der Sonne wieder heimfinden.

Untenstehendes Bild zeigt die Tanzrichtung bei gleichem Sonnenstand und unterschiedlicher Lage der Futterplätze.

  • Wir, als Beobachter, stehen hinter dem Bienenstock mit Blickrichtung gegen die Sonne. 
  • Der äußere Kreis stellt 8 verschieden gelegene Trachtquellen dar, die weiter als 100 m vom Stock entfernt sind. In der Mitte der Bienenstock mit Flugfront gegen die Sonne. 
  • Der innere Kreis zeigt 8 Brutwaben, auf denen die Tanzbilder, dem jeweiligen Standort der Trachtquellen entsprechend, aufgezeichnet sind. 
  • Die senkrechte Linie auf den Waben bedeuten für die Bienen immer Richtung Bienenstock - Sonne. Die dick ausgezogene, waagerechte Linie ist die Tragleiste der Wabe.

Orientierung nach dem Sonnenstand

Die Drohne

Körperbau und Verhalten

 


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